Fokus-Thema

Right to be forgotten

Viele Survivor von Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter kämpfen auch Jahre nach ihrer Heilung mit finanziellen und sozialrechtlichen Benachteiligungen. In anderen europäischen Ländern schützt das „Recht auf Vergessenwerden“ ehemalige Patient:innen bereits vor Diskriminierung bei Versicherungen, Krediten oder Adoptionen. Doch in Deutschland fehlt eine solche Regelung bislang.

Um das zu ändern, brauchen wir deine Unterstützung! Der Arbeitskreis Survivor der Deutschen Kinderkrebsstiftung hat eine Umfrage gestartet, um die konkreten Erfahrungen von Betroffenen zu sammeln. Deine Stimme hilft uns, Missstände sichtbar zu machen und den Weg für eine gerechtere Zukunft zu ebnen.

Viele Survivor von Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter leiden neben medizinischen Spätfolgen unter finanziellen und sozialrechtlichen Benachteiligungen – oft auch Jahr(zehnt)e nach Ende ihrer Therapie. In einigen anderen europäischen Ländern wurde bereits ein “Recht auf Vergessenwerden” umgesetzt. Dieses besagt, dass nach einer Heilungsbewährung von zum Beispiel fünf Jahren frühere Krebserkrankungen bei Versicherungen, Finanzgeschäften, Verbeamtung und Adoption nicht mehr berücksichtigt werden dürfen.

Bislang ist in Deutschland dieses “Recht auf Vergessenwerden” nicht umgesetzt, innerhalb von Europa gibt es bereits Länder, in denen ein solches Gesetzt implementiert wurde. So war Frankreich das erste europäische Land, unter anderem gibt es dort eine Referenztabelle für einzelne Krebsarten, bei denen weniger als fünf Jahre für das “Recht auf Vergessenwerden” vergangen sein müssen und die regelmäßig nach dem neusten medizinischen Standard aktualisiert wird. In Portugal erfolgte zudem erstmals eine Kopplung des „Recht auf Vergessenwerden“ an die Milderung oder Aberkennung des Schwerbehindertenausweises, sodass das “Recht auf Vergessenwerden” dann in Kraft tritt, wenn die Schwerbehinderung durch die Heilungsbewährung aberkannt wird[1].

Allen gemeinsam bleibt das Ziel, Menschen nach einer Krebserkrankung nach einer bestimmten Zeit der Heilungsbewährung vor finanzieller und sozialrechtlicher Diskriminierung zu schützen.

Da auch junge Erwachsene nach einer Krebserkrankung von dieser Art der Benachteiligung betroffen sind, veröffentlichte die “Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs” (DSfjEmK) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) ihre Forderungen nach einem “Recht auf Vergessenwerden” bereits in der gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO[2].

Zudem ergab eine Umfrage der DSfjEmK, dass 57,6 Prozent dieser Befragten gaben eine Benachteiligung als Survivor erfahren hatten. Dass von einer noch höheren Dunkelziffer an Benachteiligten auszugehen ist, macht diese Statistik umso eindrucksvoller.

In der Umfrage der DSfjEmK waren bereits einige Stimmen von jungen Erwachsenen integriert, die im Kindes- oder Jugendalter an Krebs erkrankt waren. Es ist davon auszugehen, dass für diese Gruppe die Krebserkrankung meist noch weiter in der Vergangenheit liegt und somit die Benachteiligung oftmals über 10, manchmal sogar über 20 Jahre nach einer Krebserkrankung noch weniger gerechtfertigt erscheint. Um hier einen fokussierten Überblick über die Situation von Personen zu gewinnen, die im Kindes- und Jugendalter erkrankt waren, wurde eine Umfrage vom Arbeitskreis Survivor der Deutschen Kinderkrebsstiftung initiiert und dafür brauchen wir deine Stimme!

Deine Teilnahme an der Umfrage über erlebte Benachteiligungen durch die Krebsdiagnose ist von großer Bedeutung. Du hilfst so, Missstände sichtbar zu machen, Veränderungen anzustoßen und so den Weg für eine gerechtere Zukunft zu ebnen. Du würdest uns sehr weiterhelfen, ein noch umfänglicheres Bild von den aktuellen Benachteiligungen und damit der Notwendigkeit eines „Rechts auf Vergessen werden“ in Deutschland zu bekommen. Deine Erfahrungen sind wertvoll. Vielen Dank, dass du deine Stimme erhebst!

Literatur:

  1. Scocca G, Meunier F. Towards an EU legislation on the right to be forgotten to access to financial services for cancer survivors. Eur J Cancer. 2022 Feb;162:133-137. doi: 10.1016/j.ejca.2021.12.001. Epub 2022 Jan 3. PMID: 34990965. Lawler M, Meunier F. Don‘t make cancer survivors pay twice-the right for them to be „forgotten“ should be law everywhere. BMJ. 2022 Sep 21;378:o2197. doi: 10.1136/bmj.o2197. PMID: 36130783
  2. Freund M, Hilgendorf I, Pawlowski F, Oldenburg M, Gisler M. DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V., Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs: Recht auf Vergessenwerden – Keine Benachteiligungen von jungen Erwachsenen mit Krebs mehr zulassen. Gesundheitspolitische Schriftenreihe der DGHO Band 22, 2024