Marlene Merhar Köln final

Wir stellen vor: Marlene Merhar vom Förderverein Köln

im Interview

Als ihr Sohn Frederik mit nur zwölf Jahren an Krebs starb, wusste Marlene Merhar, wie dringend Familien in dieser Situation Unterstützung brauchen. Aus dieser Erfahrung heraus engagiert sie sich seit über 30 Jahren für betroffene Eltern und Kinder und leitete viele Jahre den Förderverein für krebskranke Kinder in Köln. Ein Gespräch mit einem äußerst inspirierenden Menschen.

Liebe Marlene, du warst 20 Jahre lang Vorsitzende des Fördervereins für krebskranke Kinder in Köln. Wie bist du dazu gekommen?
Während der Krebserkrankung unseres Sohnes Frederik wurde ich schon bald Mitglied des im Jahre 1990 gegründeten Fördervereins für krebskranke Kinder e.V. Köln. Durch die Krankheit und den viel zu frühen Tod von Frederik im Juli 1991 war die Gemeinschaft mit anderen Eltern und Familien für mich und meinen Mann unglaublich wichtig, und wir wollten etwas tun. Wir haben bei Veranstaltungen geholfen und in den Anfangsjahren habe ich die Buchhaltung des Fördervereins gemacht. Als ich dann im Jahre 2004 zur Vorsitzenden gewählt wurde, fing die Arbeit neben meiner Berufstätigkeit erst richtig an.

Ich habe dich immer als jemanden erlebt, der Sachen anpackt und auf die Beine stellt. Was waren so die ganz wichtigen großen Projekte, die ihr mit dem Förderverein initiieren konntet?
Der Förderverein hat gerade in den Anfangsjahren viel in die Wege geleitet, zum Beispiel den Bau einer dringend erforderlichen neuen Kinderklinik auf dem Gelände der Universität in Köln. Das erste eigene große Projekt war der Bau und die Inbetriebnahme unseres Elternhauses 1997, beides noch unter der Leitung des damaligen Vorsitzenden Ulrich Ropertz.

Und andere Ereignisse in den 20 Jahren, die dir besonders positiv in Erinnerung geblieben sind (für den Verein, die Kinder/Eltern oder dich persönlich)?
Da unser Elternhaus mit 15 Appartements manches Mal zu klein wurde, konnten wir durch den Kontakt zu einem Großspender ein zweites Haus in der Nähe günstig erwerben. Hier können weitere fünf Familien untergebracht werden. Die beiden Häuser sind enorm wichtig für die Angehörigen als Anlaufstelle und Möglichkeit zum Austausch mit unseren Mitarbeitern und anderen Betroffenen. Außerdem können die Familien Abstand gewinnen zum anstrengenden Klinikalltag.

Wo war der Handlungsbedarf besonders hoch?
Für die Arbeit auf der Kinderonkologie der Uniklinik Köln im medizinischen und psychosozialen Bereich ist Personal erforderlich, welches leider nicht von offiziellen Stellen finanziert wird. Der Förderverein hat deshalb immer wieder diese Finanzierung übernommen, unter anderem seit Langem die Stelle der Kunsttherapeutin, die außerordentlich wichtige Arbeit leistet wie auch Psychologen und Sozialarbeiter. Die Forschung war uns ebenfalls immer wichtig und deshalb unterstützen und finanzieren wir Studien in diesem Bereich. Erst durch die Forschung ist es gelungen, dass heute so viele Kinder überleben.

Was war dir persönlich noch wichtig bei deiner ehrenamtlichen Arbeit?
Der persönliche Kontakt zu unseren Unterstützern (unabhängig von der Spendenhöhe) war mir immer sehr wichtig und dafür habe ich mir immer Zeit genommen. Entscheidungen besonders finanzieller Art zugunsten der Familien zu treffen, fiel mir nie schwer. Denn das ist für die Familien in dieser unglaublich schwierigen Zeit oft ein kleines Highlight. Ein Beispiel hierfür kann ich gerne erzählen: Vor einiger Zeit haben wir sehr kurzfristig einer Familie mit einem krebskranken Mädchen und dem Bruder eine Urlaubsreise ermöglicht. Ein paar Wochen später traf ich die Mutter in unserem Elternhaus, das Mädchen war einige Zeit nach dem Urlaub verstorben. Die Mutter berichtete freudestrahlend von ihrer Zeit im Urlaub als die schönste Zeit in ihrem Familienleben. Erlebnisse dieser Art haben mir gezeigt, dass emotionaler und aktiver Beistand unsere wichtigsten Aufgaben sind und bleiben sollen.

Gab es auch schwierige Zeiten (Corona, Ukraine-Krieg, Finanzkrise)?
Ja, natürlich. Während der Coronazeit war der Kontakt zu unseren Spendern und Sponsoren nicht mehr persönlich möglich. Und da sich der Förderverein damals wie heute ausschließlich über Spenden finanziert und keine öffentlichen Mittel erhält, mussten wir neue Wege finden. Zum Beispiel haben wir gelernt, uns digital miteinander zu vernetzen.

Haben sich deine Erwartungen hinsichtlich der Arbeit des Vereins erfüllt?
Auf jeden Fall. Der Förderverein hat sich weiterentwickelt, finanziell und inhaltlich. Wir konnten mehr Personal einstellen und uns somit den neuen Herausforderungen mit einem erweiterten Angebot für die Kinder und Familien stellen.

Was meinst du, wo der Weg des Fördervereins in Zukunft hingeht?
Ich wünsche mir, dass der Förderverein den guten und persönlichen Kontakt zu unseren Unterstützern beibehält. Das ist meines Erachtens der beste Weg, Menschen für unsere Arbeit zu begeistern.

Und wie können wir als Survivor die Arbeit von Elterninitiativen für krebskranke Kinder ganz allgemeinunterstützen?
Indem auch ihr Survivor immer wieder auf uns als Elternvereine hinweist. Denn die Initiative und der Einsatz der Eltern in den 80- und 90-iger Jahren haben es unter anderem möglich gemacht, dass viele Kinder langfristig überleben. Ihr Survivor rüttelt wach und begeistert mit euren Ideen und Initiativen. Macht weiter so!

Autor: Michael Rossdal