Besuch CCI Europe

Im Mai machten sich drei Mitglieder des Arbeitskreis Survivor auf den Weg nach Mailand. Unser Ziel war der internationale Kinderkrebs-Kongress, ausgerichtet von SIOP Europe (European Society for Pediatric Oncology) in Kooperation mit CCI-E (Childhood Cancer Inter-national Europe), der vom 13.-18.05. in Mailand stattfand. Wir wollten dort Einblicke in laufende europäische Projekte bekommen, Informationen und Ideen für unsere eigene Arbeit mitnehmen und mit vielen Menschen ins Gespräch kommen. Aber auch einen Blick dafür zu bekommen, wie krebskranke Kinder in anderen europäischen Ländern versorgt werden, war uns wichtig. Zu guter Letzt wollten wir natürlich auch ein klein bisschen von den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Kinderonkologie mitnehmen, die hier von Expert*innen aus ganz Europa vorgetragen wurden.


Das Programm war also straff, aber mindestens genauso interessant und spannend. Während die ersten beiden Tage eher den wissenschaftlichen Inhalten gewidmet waren, ging es ab Mittwoch zunehmend um psychosoziale Themen und Projekte, an denen insbesondere Survivor und Eltern beteiligt sind. Einem Schwerpunkt des AK Survivor, der Langzeitnachsorge, widmeten sich hier gleich mehrere Sitzungen. Der Fokus wurde zuerst auf die Nachsorge von Hirntumorpatient*innen gelegt, welche statistisch die höchste kumulative Belastung durch chronische Gesundheitsprobleme unter den Kinderkrebs-Survivors haben.

Survivor Julia aus Wien berichtete bewegend von ihren Erfahrungen in der Nachsorge. Der Forschungsbedarf zur Nachsorge von Hirntumorpatient*innen ist groß, die Umsetzung von Forschungsvorhaben aus unterschiedlichen Gründen oft schwierig. Die unterschiedlich stark ausgeprägten Spätfolgen formen eine sehr heterogene Gruppe an Hirntumorsurvivor, es fehlt oft an finanziellen und personellen Ressourcen und nicht zuletzt bekommt das Thema „Nachsorge“ häufig noch zu wenig Aufmerksamkeit vom medizinischen Fachpersonal. Dennoch gibt es bereits einige tolle Projekte, die als „Best practise“ dargestellt wurden: das Projekt „Youth & Future“ aus Israel oder die „POGO Counsellors“ aus Kanada unterstützen Hirntumorsurvivor durch Beratung und Begleitung beim Wiedereinstieg in der Schule, Ausbildung oder Beruf. In Wien bietet die interdisziplinäre onkologische Nachsorge-Ambulanz IONA eine Nachsorge an, welche insbesondere auch psychosoziale und neuropsychologische  Aspekte miteinbezieht.

Um die psychosoziale Versorgung während und nach der Akuttherapie ging es auch in einer eigenen Session, wo u.a. die aktuellen Empfehlungen zur psychosozialen Nachsorge vorgestellt wurden. Außerdem wurde über den Stand der verschiedenen Projekte im Rahmen von „PanCare“ (Pan-European Network for Care of Survivors after Childhood and Adolescent Cancer) berichtet. Der PanCareSurePass, der alle für die Nachsorge relevanten Gesundheitsdaten digital speichert und den Behandlungsteams zur Verfügung stellen kann, befindet sich aktuell in der Testphase. Die PanCare Broschüren zu nachsorgerelevanten Themen sind mittlerweile auf Englisch verfügbar und werden nun in weitere Sprachen übersetzt. Davon können in Zukunft also auch Survivor in Deutschland profitieren. Gegen Ende der Woche trug unser AK Survivor-Mitglied Eva-Maria Wild noch etwas bei, indem sie sehr anschaulich über die aktuelle Entwicklung eines Konzeptes für die Langzeitnachsorge in Bayern berichtete.

Ein weiteres allgegenwärtiges Thema auf dem Kongress war die Patient*innenvertretung oder auch „PPIE“ (Patient and Parent Involvement and Engagement). Während wir in Deutschland gerade dabei sind, die Patient*innenvertretung in der Kinderonkologie sinnvoll aufzubauen und zu koordinieren, ist diese in anderen Ländern oder bei internationalen Projekten teilweise schon deutlich etablierter. In einer eigenen Sitzung zu PPIE wurden die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten vorgestellt, aber auch Fortbildungsangebote auf europäischer Ebene und einige gelungene Projekte mit Patient*innenbeteiligung. Fest steht: hier können wir uns definitiv einiges abgucken von unseren europäischen Nachbarländern! Als Arbeitskreis Survivor wollen wir uns aktiv für eine besser strukturierte Patient*innenvertretung in Deutschland einsetzen, denn diese wird nicht nur immer häufiger von Geldgeber*innen von Forschungsprojekten eingefordert, sondern sie bietet uns auch die Möglichkeit, die Perspektiven von Patient*innen und Survivors aktiv miteinzubringen und unsere Bedürfnisse zu adressieren.


Nicht zuletzt wurde auch von dem großen europäischen Projekt „EU-CAYAS-NET“ berichtet, welches als von Patient*innenvertretr*innen geleitetes Projekt gleich mehrere für Survivor relevante Themenfelder bearbeitet. Unter anderem wurde im Rahmen der „Youth Cancer Survivors“ eine internationale virtuelle Plattform zum Austausch und zum Netzwerken geschaffen. Hier werden auch immer wieder kostenlose Webinare angeboten, um sich über Survivorship-relevante Themen zu informieren. Weitere Infos dazu gibt es unter „beatcancer.eu“.

Neben dem bereits genannten wurde natürlich noch viel mehr angesprochen und diskutiert, sodass wir uns nach sechs Tagen etwas müde, aber mit vielen Ideen und ganz viel Inspiration für unsere eigene Arbeit wieder auf den Rückweg begaben. In den Pausen zwischen den Sitzungen konnten wir mit vielen interessanten Personen sprechen und Kontakte knüpfen, die uns hoffentlich bei den kommenden Projekten weiterhelfen werden.

Man darf gespannt sein – wir sind es auch!