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Wir stellen vor: Ulrike Grundmann

im Interview

Was steckt eigentlich hinter der PSAPOH und warum ist ihre Arbeit so wichtig für die psychosoziale Betreuung von krebskranken Kindern und Jugendlichen? In einem spannenden Interview gibt uns Ulrike Grundmann, Vorstandsmitglied der PSAPOH, einen Einblick in die Aufgaben und Ziele der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft. Sie erzählt von ihrem Weg in die PSAPOH, der zentralen Bedeutung der psychosozialen Nachsorge und darüber, wie wir als Survivor ihre Arbeit unterstützen können.


Liebe Uli, du bist ja im PSAPOH-Vorstand. Was ist denn die PSAPOH genau und welche Aufgaben habt ihr im Vorstand?

Die PSAPOH ist die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft in der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. Sehr langer und sperriger Name. Die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft der Kinderonkologie und -hämatologie. Mitglieder sind überwiegend Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen, die sich für Erforschung, Diagnose und Behandlung von bösartigen Erkrankungen und Bluterkrankungen einsetzen, um deren Heilungschancen zu erhöhen. Die PSAPOH ist das zugehörige Netzwerk der im psychosozialen Bereich tätigen Mitarbeiter*innen in Deutschland, Österreich und angrenzenden deutschsprachigen Ländern. Da Kinderkrebserkrankungen so selten sind und nur in den spezialisierten Behandlungszentren behandelt werden, ist auch die Anzahl der psychosozialen Mitarbeiter*innen in diesem Bereich sehr gering. Zugleich versorgen wir eine Zielgruppe, die einen großen Unterstützungsbedarf hat, sowie teils komplexe Einschränkungen und Herausforderungen und starke Belastungen. Um hier professionell und optimal zu unterstützen, brauchen wir ein gutes Netz, fachlichen Austausch und passende Weiterbildung. Das organisieren wir innerhalb der PSAPOH. Die Aufgabe des Vorstands ist hierbei die Fäden des Netzwerks zusammenzuhalten. Wir versuchen die Themen aufzugreifen, die relevant sind, die Mitglieder immer wieder neu und in verschiedenen Formaten zu vernetzen. Wir sind in Kontakt mit der Kinderkrebsstiftung. Wir tauschen uns mit den Fachverbänden der Erwachsenenonkologie aus. Wir bringen uns in Forschungsarbeiten ein. Und wir kämpfen immer wieder dafür, dass der Fachbereich der Kinderonkologie überhaupt gesehen und wahrgenommen wird.

Wie bist du in die PSAPOH gekommen?

Ich habe schon ein paar Jahre als Sozialpädagogin für den Sonnenstrahl e. V., den Dresdner Elternverein gearbeitet. Wir haben einen guten Job gemacht, waren aber wenig vernetzt und haben uns als Einzelkämpfer gefühlt. Eher zufällig bin ich auf den Flyer einer PSAPOH-Tagung im Waldpiratencamp in Heidelberg gestoßen. Das war 2010. Ich durfte an der Tagung teilnehmen. Und mal abgesehen davon, dass ich das Waldpiratencamp ganz großartig fand, hat mich die Tagung enorm bereichert. Das Tagungsthema weiß ich heute gar nicht mehr, aber ich habe so viele tolle Kolleg*innen aus anderen Städten kennengelernt, konnte mich richtig gut austauschen und bin mit vielen Ideen und Kontakten zurück gekommen. Ab da war ich regelmäßig auf den Tagungen, dann bin ich Mitglied in der PSAPOH geworden und war 2016 zum 1. Mal Teil eines Tagungsvorbereitungsteams. Wir haben eine Tagung zur Wirkung von Spiel und Medien vorbereitet, die ein voller Erfolg war. Dann habe ich öfter auch Workshops gegeben oder Tagungen mit vorbereitet. Ich habe mich in der Fachgruppe Nachsorge engagiert. Und wollte dann irgendwann noch mehr tun. 2018 wurde ich in den Vorstand gewählt und habe mich dort die letzten 6 Jahre intensiv eingebracht.

Welche Bedeutung hat deiner Meinung nach eine psychosoziale (Langzeit)Nachsorge?

Seit die Heilungschancen in der Kinderonkologie so gut sind, dass die meisten Kinder und Jugendlichen ihre Erkrankung überleben, hat die psychosoziale Nachsorge eine zentrale Bedeutung. Es ist enorm wichtig, dass die Patient*innen und ihre Eltern wissen, dass es im Nachgang der Erkrankung Themen geben kann, die sie herausfordern und an die Grenzen bringen. Und sie müssen wissen, wo es Unterstützung gibt. Bei uns in Dresden ist das so, dass die psychosoziale Nachsorge durch den Sonnenstrahl e. V. angeboten wird. Wir haben eine breite Palette an Nachsorgeprojekten und eine Beratungsstelle. Die Kunst ist, in der Nachsorge keine Ängste zu schüren, was alles für Probleme auftreten können, sondern zu ermutigen gut auf sich zu achten und bei Problemen, die sich allein nicht lösen lassen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei uns melden sich manchmal Patient*innen, deren Erkrankung Jahre zurückliegt und denen es körperlich gut geht. Aber es gibt Lebensphasen, wo die Erkrankung psychisch belastet und es Entlastung braucht. Aber auch dann, wenn Einschränkungen oder Spätfolgen der Erkrankung oder Behandlung zurückbleiben, braucht es passende Unterstützung. Ich finde wichtig, dass nicht nach dem Gießkannenprinzip jeder die gleiche Hilfe bekommt, sondern passgenau und individuell unterstützt wird. Jede*r Patient*in ist Expert*in für die eigene Erkrankung. Wir als Profis müssen gut hinhören und nachfragen, ehe wir eine Hilfe überstülpen, die vielleicht nur wir ganz prima finden. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie stark krebskranke Kinder und Jugendliche und ihre Familien sind. Und welche Stärke die Selbsthilfe und der Austausch unter Gleichbetroffenen bietet.

Und wie können wir als Survivor die Arbeit der PSAPOH unterstützen?

Ich finde es gut, dass ihr euch als Survivor zusammengetan habt und euer Verein in Gründung ist. Ihr habt als Betroffene einen anderen Blick auf die Erkrankung und könnt euch mit euren eigenen Erfahrungen einbringen. Gerade wenn es um Forschung und Weiterentwicklung der Versorgung geht, sollte immer auch die Patient*innenperspektive vertreten sein. Ihr könnt unterstützen, indem ihr dabei seid und offen für Austausch. Aber so habe ich euch auch kennengelernt 🙂 Ich finde es gut, dass ihr sichtbar seid und Öffentlichkeitsarbeit macht. Lasst uns regelmäßig in Austausch miteinander treten, um gut voneinander zu wissen und vielleicht gemeinsam Themen zu bearbeiten.

Die PSAPOH (Organisation für Psychosoziale Aspekte in der Pädiatrischen Onkologie und Hämatologie) unterstützt Kinder und Jugendliche mit Krebs sowie deren Familien. Ihr Ziel ist es, die psychosoziale Versorgung zu verbessern, indem Forschung, Weiterbildung und interdisziplinärer Austausch gefördert werden. Dadurch soll die Lebensqualität der betroffenen Kinder während und nach der Behandlung gestärkt werden. PSAPOH entwickelt Standards für die psychosoziale Betreuung und stellt sicher, dass diese in der Behandlung berücksichtigt werden.

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