Fokus-Thema

Mental Health

Ein super wichtiges Thema unter Survivorn!

Mental Health gehört zu den Themen, die für viele Survivor eine große Rolle spielen. Denn eine Krebserkrankung führt zu einer hohen psychischen Belastung, die auch Jahre danach noch anhalten kann. So sind laut einer Studie ca. 1/3 der Survivor 28 Jahre nach Ende der Therapie von psychischen Belastungen betroffen, konkret kann das bedeuten, dass Survivor vermehrt unter psychosomatischen Beschwerden, Schlafschwierigkeiten, Angststörungen oder Depressionen leiden.


Andererseits kann diese psychische Belastung auch so einer hohen Resilienz, also einem guten Umgang mit schwierigen Situationen oder sogar zu posttraumatischen Wachstum führen. Das bedeutet, dass Survivor oft durch die Hochs und Tiefs während der Erkrankung lernen, das Leben mehr zu schätzen, mehr Wert auf Beziehungen legen oder um ihre persönliche Stärke wissen.

Psychische Belastung von Survivorn

Durch die vielen stressigen, traumatischen und schmerzvollen Erlebnisse, die eine Krebserkrankung und -therapie mit sich bringen, haben Survivor ein erhöhtes Risiko, auch Jahre nach der Therapie psychisch belastet zu sein und Unterstützung zu benötigen. Studien zeigen, dass im Vergleich zur Kontrollgruppe (bei der das Risiko, psychisch belastet zu sein, bei 14 % liegt) etwa 32 % der Survivor unter den psychischen Folgen der Erkrankung und Therapie leiden [1]. Zusätzliche Risikofaktoren sind körperliche Spätfolgen, weibliches Geschlecht, der Familienstand (nicht verheiratet), geringes Einkommen und Arbeitslosigkeit – all diese Umstände erhöhen das Risiko, unter psychischen Folgen zu leiden [2]. Dennoch kann JEDER psychisch belastet sein und Hilfe benötigen.
Zu den psychischen (Spät)Folgen einer Krebserkrankung zählen unter anderem:

Ängste/Angststörungen:

Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Krebserkrankung, trotz hoher Heilungsraten, immer mit fundamentalen Ängsten verbunden ist. Es ist normal, auch später noch Ängste zu haben (z.B. vor einem Rückfall, vor Spätfolgen oder vor den Reaktionen anderer auf die Krebserkrankung). Es ist jedoch ebenso wichtig zu erkennen, wann eine Angststörung vorliegt – also wenn der Alltag durch die Ängste deutlich eingeschränkt ist und professionelle Hilfe erforderlich wird. 5–15 % der Survivor leiden unter einer (generalisierten) Angststörung.

Depression:

5–15 % der Survivor zeigen Symptome einer Depression wie Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Appetitverlust, Stimmungsschwankungen oder Gefühllosigkeit.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS):

Auch nach Abschluss der Therapie können besonders belastende Situationen wiedererlebt werden. Unerwünschte und aufdringliche Gedanken an die Erkrankung oder Therapie können auftreten (z.B. in Träumen oder als sogenannte Flashbacks). Dies kann sogar dazu führen, dass Nachsorgetermine vermieden werden, da Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte psychisch schwer zu ertragen sind.


Auch andere psychische Symptome können den Alltag von Survivorn so stark einschränken, dass eine professionelle Begleitung und Behandlung nötig wird. Unterstützung bei der Suche nach einer geeigneten Begleitung bietet deine Langzeitnachsorgesprechstunde, dein Hausarzt oder psychosoziale Hilfsangebote einiger Elternvereine.

Posttraumatisches Wachstum

Psychologen sprechen von posttraumatischem Wachstum, wenn Menschen gestärkt aus schmerzhaften Erfahrungen hervorgehen. Durch die Krebserkrankung können Survivor ihre Sicht auf sich selbst, ihre Beziehungen und ihr Weltbild verändern. Geschieht dies in negativer Richtung, können psychische Belastungen wie Depressionen entstehen. Die Erkrankung und Therapie können aber auch zu einer positiven Veränderung der Sicht auf bestimmte Dinge führen. Dabei ist es möglich, dass jemand sowohl psychisch belastet ist als auch gleichzeitig (in einem anderen Bereich) posttraumatisches Wachstum erfährt.

Eine Umfrage unter Schweizer Survivorn ergab, dass ein großer Teil posttraumatisches Wachstum erlebte [3]. Unter erwachsenen Survivorn sogar bis zu 80 %! Die fünf wichtigsten Erfahrungen, die Survivor laut dieser Umfrage durch ihre Krebserkrankung gemacht haben, waren:

  • Zu wissen, was im Leben wirklich zählt, und die Prioritäten verändert zu haben (74 %)
  • Mehr Mitgefühl und Empathie für andere zu empfinden (73 %)
  • Zu wissen, dass man Herausforderungen bewältigen kann (70 %)
  • Zu wissen, dass man auf andere zählen kann (74 %)

Wie ist das bei euch? Haben sich eure Sichtweisen durch die Krebserkrankung verändert?

Resilienz

Resilienz ist die Fähigkeit, Belastungen standzuhalten. Sie ist keine angeborene „magische Kraft“, sondern die Fähigkeit, seine psychische Gesundheit in schwierigen Zeiten zu bewahren oder nach diesen wiederherzustellen. Es geht darum, nach schwierigen Situationen wieder aufzustehen und weiterzumachen – eine Art innere Widerstandsfähigkeit.

Resilienz ist nicht einfach angeboren, sondern kann durch bestimmte Faktoren beeinflusst werden. Jemanden an seiner Seite zu haben (verlässliche Bezugspersonen) wirkt sich positiv auf die Resilienz aus. Auch die Fähigkeit, kreative Wege aus Krisen zu finden, führt zu einer höheren Widerstandsfähigkeit. Ein Stück Optimismus erleichtert ebenfalls den Umgang mit schwierigen Lebenssituationen [4].

Für Resilienz spielen auch unsere Ressourcen eine wichtige Rolle. Ressourcen sind all jene Dinge im Leben, die uns positive Energie geben und uns guttun, wie zum Beispiel ein Spaziergang im Wald oder das Singen im Chor, das einem Kraft und Freude schenkt.

Das Vertrauen einer Person in ihre Fähigkeit, mit Herausforderungen umzugehen, indem sie ihre eigenen Ressourcen und Fähigkeiten nutzt, nennt man in der Wissenschaft Selbstwirksamkeit. Auch die Selbstwirksamkeit ist für Resilienz von Bedeutung.

Resilienz ist also tatsächlich eine Art Superkraft, die wir durch unser Umfeld und unsere Handlungen beeinflussen können.

HILFE und Anlaufstellen

Ängste, Fragen und Sorgen bezüglich der Krebserkrankung und Therapie sind berechtigt und normal – auch Jahre oder Jahrzehnte nach der Therapie. Wichtig ist, seine eigenen Ressourcen und Bewältigungsstrategien zu kennen und zu wissen, dass nach einem schlechten Tag auch wieder gute Tage ohne Sorgen oder Ängste kommen. Es ist hilfreich zu wissen, wen man anrufen oder ansprechen kann, wenn man mit seinen Sorgen um die Gesundheit allein ist – auch nachts um 3 Uhr. Oft hilft ein Waldspaziergang oder eine kurze Shoppingtour, um die Welt wieder anders zu sehen und negative Gedanken abzuschütteln.

Ängste (vor einem Rückfall, vor Spätfolgen etc.), depressive Gedanken sowie Gedanken an die Erkrankung und Therapie können den Alltag von Survivorn jedoch so stark beeinträchtigen, dass eine professionelle Begleitung und Behandlung erforderlich wird.

Hier einige Anlaufstellen und Ideen, wo du Unterstützung finden kannst, wenn du sie benötigst (oder dir unsicher bist, ob du Begleitung brauchst – nachzufragen hilft immer!):

  • Leuchtturm Onko: Mailberatung für von Krebs betroffene Familien, Selbstbetroffene, Geschwister, Großeltern und enge Freunde. Wenn du selbst erkrankt bist oder ein erkranktes Geschwisterteil in deiner Familie hast, stehen dir erfahrene Peers zur Seite. Unter dem Motto „#gemeinsamstatteinsam“ möchten wir uns gemeinsam mit dir auf den Weg machen, dir und deinen Anliegen Zeit und Raum geben. Hier haben alle Gedanken ihre Berechtigung, und du kannst sie so benennen, wie du sie empfindest, ohne dich verstellen zu müssen. Gemeinsam werden wir den Mut und die Energie finden, deine Situation zu meistern.
  • Oder du fragst bei deiner Langzeitnachsorge, deinem Hausarzt oder deiner früheren Onkologie nach.
  • Viele Kinderkrebszentren oder Elternvereine bieten auch psychosoziale Nachsorge an. Hier entstehen aktuell viele neue Angebote, und es wird vermehrt auf dieses wichtige Thema geachtet. Einfach anrufen, mailen und nachfragen!.